Liebe Frau Wittgenstein, seit wann ist Bucherer in München tätig und war die Übernahme von Uhren Huber damals der Grund?
Das 1888 gegründete Familienunternehmen Bucherer ist in Europa eines der traditionsreichsten Häuser in der Uhren- und Schmuckbranche. In den letzten 130 Jahren hat sich Bucherer mit seinem Angebot an exquisitem Schmuck und preisgekrönten Kreationen einen exklusiven Ruf erworben. In den Boutiquen wird der internationalen Klientel des Unternehmens zudem eine breite Palette von Luxusuhren renommierter Marken angeboten. Bucherer ist an 36 exklusiven Standorten in Europa präsent: mit 17 Verkaufsgeschäften in der Schweiz, 10 in Deutschland, Flaggschiff-Boutiquen in Wien und Paris, einem Verkaufsgeschäft in Kopenhagen sowie sechs Boutiquen in London. Im Januar 2018 übernahm Bucherer den US-Luxusuhrenhändler Tourneau, womit die Gruppe in den USA mit 32 Verkaufs-geschäften präsent ist. Das Unternehmen, das über 2.000 Mitarbeitende beschäftigt, wird von Jörg G. Bucherer geführt und befindet sich nun seit drei Generationen in Familienhand. Der Stammsitz von Bucherer liegt seit der Unternehmensgründung in Luzern.
Unter Jörg G. Bucherer expandiert Bucherer dann eben in den 80er-Jahren nach Österreich und rund zehn Jahre später nach Deutschland. In diesem Zug kam es dann auch zur Übernahme von Uhren Huber.
Wie schafft es eine Marke, bei Bucherer einen Platz in der begehrten Auslage zu bekommen? Wie hat es Rolex geschafft?
Eine besonders erfolgreiche und bis heute andauernde Partnerschaft geht Ernst Bucherer mit Hans Wilsdorf, dem Gründer von Rolex, ein. Das Streben nach Perfektion, der Drang, Neues zu entwickeln, und ein starker Pioniergeist verbinden die Unternehmer. 1924 nimmt Juwelier Bucherer die damals noch kaum etablierte Uhrenmarke in sein Sortiment auf. Heute ist Rolex eine der berühmtesten Uhrenmarken der Welt und nach wie vor der wichtigste Partner des Hauses Bucherer.
Die persönliche Beziehung zwischen Hans Wilsdorf und der Familie Bucherer hat sich dann auch in der nächsten Generation fortgesetzt. Jörg Bucherer war als junger Mann in Genf bei Hans Wilsdorf «in der Lehre», wie er es ausdrückt.
Der Umsatz am Schwanenplatz in Luzern übertrifft ja zumeist alle Vorstellungen. Wie hängt dies u.a. mit dem Reiseverhalten oder auch Kaufverhalten einzelner Nationen zusammen?
Das Stammhaus von Bucherer am Luzerner Schwanenplatz ist unter Chinesen berühmt, ein Besuch dort ist fast schon ein fester Bestandteil jeder Europa-Tour. Und eine Schweizer Uhr, die auch noch in der Schweiz gekauft wurde, ist ein besonderes Statusobjekt bzw. spezielles Geschenk für Freunde und Familie in der Heimat. Da wir Boutiquen in den schönsten Metropolen Europas haben, dürfen wir natürlich eine große Zahl internationaler Gäste empfangen, das gilt auch für München. Auch weil der Flughafen hier ein beliebter Ankunfts-Abflugort ist.
Ein Uhren- oder Schmuck-Käufer, sind das „Einzeltäter“ oder macht das süchtig?
Hier geht es vielmehr um echte Leidenschaft! Meist wird das Feuer durch ein Geschenk zu einer speziellen Gelegenheit entfacht, wie z.B. die erste mechanische Uhr zum Abitur. Oder man kauft ein Schmuckstück als Erinnerung und mit der Zeit kommen weitere Schmuckstücke aus der gleichen Kollektion dazu. Schmuck und Uhren hat man ja eigentlich nie genug, es gibt so viele unterschiedliche Gelegenheiten, Stimmungen – und mit dem passenden Schmuck oder der passenden Uhr empfindet man gleich noch mehr Lebensfreude. Spannend ist auch unser Angebot an Certified Pre-Owned Uhren – denn all diese Uhren stammen aus Vorbesitz und haben ihre eigene Geschichte, sie sind so gesehen alle Einzelstücke und das Angebot wechselt ständig. Da kann dann auch die Sammlerleidenschaft erwachen.
Welche Berufe, welchen Hintergrund bringen die Mitarbeiter mit? Ein klassischer Uhrmacher bis zum Quereinsteiger?
Unsere Mitarbeiter kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen, dieser Austausch wirkt auf alle sehr inspirierend. Im Verkauf oder z.B. Customer Service ist die Freude an der Interaktion mit Menschen zentral, für zusätzliches Fachwissen sorgen dann unsere internen Trainer oder die Bucherer Academy, die allen offensteht. Im Schmuck- oder Uhrenatelier arbeiten natürlich ausgewiesene Experten in ihren Bereichen.
Jetzt im Corona-bedingten Lockdown waren die Schaufenster in Münchens Maximilianstraße zumeist leer, wohl aus Sicherheitsgründen. Wie beeinflusst Corona die Geschäfte von Bucherer, was hat sich verändert? Was war sogar positiv und bleibt?
Da die Geschäfte geschlossen waren bzw. sind, ist hier vor allem der Sicherheits-aspekt der Grund. Geringere Frequenz in den Städten.
Es beeinflusst nicht nur den Verkauf von neuen Uhren und Schmuck, auch Reparaturen, Umarbeitungen und die Umsetzung von Suchaufträgen.
Mit unseren Kunden waren wir auch während des Lockdowns im Austausch, auf Grund der Situation natürlich mittlerweile oft auch digital. Wir haben in dieser Zeit einige neue spannende Initiativen und Projekte angestoßen und waren durchaus kreativ. Diesen Weg setzen wir jetzt fort.
Als Firmenmitglied im Schweizerisch-Deutschen Wirtschaftsclub e.V. München hat Bucherer zum letzten möglichen Sommerfest 2019 den Hauptpreis der Tombola zur Verfügung gestellt – ist Bucherer auch ein sozial engagiertes Unternehmen?
Auch als globales Unternehmen sind wir lokal stark verwurzelt. Und als Familienunternehmen in dritter Generation sind wir uns auch unserer sozialen Verantwortung bewusst. Insbesondere in unserer Heimatstadt Luzern engagiert sich Bucherer in den unterschiedlichsten kulturellen und sozialen Projekten. Schweizweit setzen wir uns in Zusammenarbeit mit Pink Ribbon im Kampf gegen Brustkrebs ein.
Titelbild: Laura Wittgenstein, Abteilungsleiterin Schmuck mit Monika Oberndorfer, Präsidentin SDWM